Janine Nousch
Nachruf
„Wenn ich nur darf, wenn ich soll, aber nie kann, wenn ich will, dann mag ich auch nicht, wenn ich muss. Wenn ich aber darf, wenn ich will, dann mag ich auch, wenn ich soll, und dann kann ich auch, wenn ich muss. Denn schließlich: Die können sollen, müssen wollen dürfen.“
Heinz Schirp
Dieses Zitat trug uns unsere liebe Kollegin und Freundin Janine Nousch bei einem unserer letzten Teamtreffen vor, bevor sie im Oktober 2020 erfuhr, dass sie an Krebs erkrankt ist.
Mit dem folgenden Text wollen wir Sie am Leben von Janine teilhaben lassen. Dies soll ihr Nachruf sein, für alle, die sie kannten oder nicht kennenlernen konnten.
Janine lebte zuletzt in Biesenthal und war dort Schulleiterin an der Freien Naturschule Barnim, liebevoll NaschBa genannt. Sie gehörte zu den LehrerInnen, die es nach den Erfahrungen ihrer eigenen Schulzeit anders machen wollten. In ihrem Referendariat in Bernau festigte sich ihr Wunsch, Lernen und Bildung kindgerechter zu gestalten. Mit dem zweiten Staatsexamen in der Tasche zog sie nach Sachsen, um dort als Lehrerin an der Freien Schule Leipzig zu arbeiten. In den vielen Gesprächen über diese Zeit berichtete sie mit leuchtenden Augen und voller Begeisterung.
Der Liebe wegen, verschlug es Janine Anfang 2016 nach Biesenthal. Dies bedeutete doppeltes Glück: Hier gründete sie nicht nur eine Familie, sondern konnte außerdem gemeinsam mit MitgestalterInnen eine neue Schule erdenken. Inspiriert war diese Initiative von PädagogInnen, VisionärInnen, und DenkerInnen wie Rebecca und Mauricio Wild, Jesper Juul, Célestin und Élise Freinet, Jon Young und Maria Montessori. Während der Gründungsphase arbeitete Janine als Schulleiterin in Eberswalde und wurde dort von den KollegInnen, Eltern und SchülerInnen sehr geschätzt. Mit der Genehmigung der neuen Schule in Biesenthal zum Schuljahr 2017/2018 wurde dann eine Herzensangelegenheit zur Wirklichkeit und Janine nahm ihre Arbeit als Schulleiterin und Lernbegleiterin an der NaschBa auf.
Unsere liebe Janine zeichnete ihre unendliche Herzlichkeit und liebevolle Sicht auf ihre Mitmenschen aus, vor allem auf Kinder. Sie begegnete SchülerInnen offen und unvoreingenommen auf Augenhöhe. Dabei bewies sie eine große Geduld und wurde nicht müde, den Kindern die Zeit zu geben, die sie für ihre Entwicklung brauchten. Sie war der festen Überzeugung, dass alle Kinder kooperieren und, im Falle von Konflikten, einen schwerwiegenden Grund dafür haben, der nicht unbedingt leicht ersichtlich ist, den es aber zu verstehen gilt.
Ein schwedischer Lehrer sagte einmal: „Gewinne ihre Herzen und du kannst mit ihnen tanzen.“ So baute Janine zu all ihren SchülerInnen eine vertrauensvolle Beziehung auf und konnte dadurch mit den Kindern in Freude und Leichtigkeit zusammenarbeiten.
In ihrer Berufung als Lehrerin sah Janine sich selbst und alle Menschen als lebenslang Lernende. Sie besuchte regelmäßig Weiterbildungen und besaß unter anderem das Freinet-Zertifikat genauso wie die Montessori-Ausbildung. Um ständig zu reflektieren und sich weiter entwickeln zu können, etablierte sie Möglichkeiten für einen stetigen Austausch und gegenseitige Rückmeldungen von Groß und Klein. Janine hat ihre Vision von einem positiven menschlichen Miteinander gelebt.
Faszinierend war, wie Janine in sämtlichen Situationen und Kontexten einen kühlen Kopf bewahren konnte. Sie hatte keine Angst vor Herausforderungen und fand kreative Lösungen, wenn es mal hakte. Janine war es weitaus wichtiger, den SchülerInnen Methodenkompetenzen näher zu bringen als ihnen allein Wissen zu vermitteln oder Wissen abzufragen. Dadurch sollten sich die Schüler auch langfristig, sämtliche sie interessierende Themen selbstständig und unabhängig erarbeiten können. Sie lernten wirklich zu lernen.
Janine beherrschte die Kunst eine wohlige, einladende Atmosphäre zu kreieren. Bei der Gestaltung von Räumen erkannte man Ihren feinen Sinn fürs Detail. Wenn die Kinder morgens zur Schule kamen, erwartete sie eine, wie es in der Fachsprache heißt „vorbereitete Lernumgebung“. Ganz nach dem Motto „Hilf mir, es selbst zu tun!“ schaffte es Janine, die Kinder und Jugendlichen durch selbstwirksame Lernprozesse zu begleiten und dosiert herauszufordern. Während des Unterrichts waren Janines Augen und Ohren überall und beobachteten die lernenden Kinder bei der Arbeit. Ihre Jahresbriefe an die SchülerInnen beschrieben deren Lernstände und Persönlichkeitsentwicklungen ganzheitlicher als herkömmliche Zeugnisse.
Mit der Krebsdiagnose im Oktober 2020 musste Janine ihre Arbeit als Lernbegleiterin und Schulleiterin für die Zeit der Behandlung unterbrechen, um sich voll auf ihre Gesundheit konzentrieren zu können. Im September 2021 wurde von den Ärzten jedoch die Unheilbarkeit ihrer Krebserkrankung erkannt. Nur wenige Wochen später, am 19.10.2021, verlor Janine den Kampf um ihr Leben. Sie hinterlässt ihren Ehemann und die Kinder.
Wir sind unendlich traurig! Sie fehlt uns so sehr!
Danke liebe Janine! Um es mit deinen Worten zu sagen, „du bist großartig“! Du hast unsere Herzen berührt. Und das trägt uns weiter…
Monique, Florian und Vera im Namen der NaschBa-Gemeinschaft, die Vision von Janine auch in Zukunft weiter verwirklichend